NACHLESE aus dem LITERATUR RAUM im BILDHAUERHAUS vom 7. April 2013
Welche Sprache spricht eine Landschaft? … Den Bienen gelingt es, mit ihrer unermüdlichen, hochgradig spezialisierten und einzigartigen Arbeit, uns im Honig die Sprache der Vegetation und der Landschaft, die sie besuchen, zu übersetzen und zu beschreiben. Wir können Tag für Tag diese Geschichten lesen, jeden Morgen, gemütlich beim Frühstück sitzend – nicht mit unseren Augen, sondern mit unserem Mund, mit unserem Gaumen und unserer Nase. Es sind Geschichten voller Leben und Emotionen, übersetzt und erzählt von den Bienen. Es sind Worte, die die Sonne auf der Erde durch die Bäume und die Blumen schreibt. Wir Imker fungieren nur als die Herausgeber, die Verleger dieser Literatur. … (Landschaftsimker Fausto Delegà)
Jedes Bienenvolk hat seine Individualität, das zeigt sich unter anderem auch im Nektareintrag, ihrer Vorliebe für einzelne Pflanzenarten. Der Honig – eine Blütenlese. (Landschaftsimkerin Hildegard Burgstaller)
Ana Schoretits
Ana hat ein N verloren und eine Welt gewonnen
welch unerwarteter Reichtum, beschert durch die grenzenlose Sprache
ein fehlender Buchstabe öffnet Fenster und Türen
schafft Freiraum dem Ohr, das zu hören vermag
Ana ist nicht gleich Anna
zwischen den Zeilen wartet hörbares Leben
(aus: „Zadnji hrvatski Mohikanac – Pannoniens letzter Mohikaner“, HKD Eisenstadt 2012)
Bodo Hell zur Skulptur von Gerhard Rühm INNENEILTEINMANN
… der stapft und stapft und geht und geht und geht und stapft und stapft und geht nur so dahin, um seine Zwangsvorstellungen
würgt mit jedem Schritt einen weiteren Bissen des unverdaulichen Intimgerichts hinunter, der Löwe, kein Wiederkäuer, er hat den kurzen Darm, jedesmal wenn das Glückwunschbillet geöffnet wird, fängt der im Blatt versteckte Mikroprozessor sein fröhliches Lied
innen eilt ein Mann, wütet gegen Widersacher, die Einzelheiten des letzten Wegstücks hat man nicht bemerkt, eine markante Baumruine, morsch, ein HolzZahn, NadelöhrMonument, das rechte Bein wird entsprechend angehoben, vor dem im Weg liegenden Stamm, mit einem Haufen verwesender Holzpartikel, Stäbchen und Würfelchen sind aus den verwitterten Partien herausgerieselt, das dauert lang, so werden wir auch daliegen, sagt der Bauer und steigt über die Baumleiche hinweg …
(aus: 666 / Itinerar, in „Omnibus“, Droschl Verlag 2013)
Ana Schoretits
haudidl pfaunz kikriki
gestern hamma howasser ghobt
und wonn des Wossa rinnt bei Fensta und Tia
stoju koza i pastir v‘ lokvi bis za di Knia
ham d’Fisch von de Bam oba gsunga
da ham d’Leit gschaut
die Goaß’n im G’strüpp und die Fischal am Bam
a ljudi nazlobni nek smiju se nam
(Goaßn-Rap für Bodo und Ana / Ausschnitt )